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17.03.2017

„Es belastet einen, weil man denkt: Warum gibt es nicht mehr Gerechtigkeit in der Welt."

Audio-Interviews mit den Schauspielerinnen Michaela May und Janina Hartwig zu ihren Projektreisen mit der Welthungerhilfe, aufgenommen am 16.03.2017

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(aktualisiert am 22.03.2017)
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München / Bonn, 17.03.2017. Die folgende Textversion der O-Töne wurde teils leicht gekürzt bzw. verändert, ohne den Sinn zu entstellen.

„... Es sind immer die Frauen, die es vorantreiben. Die sagen, „nein, das wird jetzt gekocht und Du, mein Mann, hilfst jetzt auch beim Kochen."

Interview mit Schauspielerin Janina Hartwig

Die meisten Menschen wissen sehr wenig über Sierra Leone. Mit welchem Wissen sind Sie im Januar 2017 dort hingefahren?
„... Sierra Leone liegt in Westafrika... Es ist kein großes Land, so groß wie Bayern ungefähr. Bekannt geworden ist Sierra Leone durch diesen unfassbar brutalen Bürgerkrieg... Und als dieser Bürgerkrieg zu Ende war und das Land sich einigermaßen berappelt hatte, hat Ebola dieses Land heimgesucht."

Wie würden Sie die Menschen dort beschreiben? Durch Bürgerkrieg und Ebola verzweifelt oder eher im positiven Sinne kämpferisch?
„Die Menschen dort – und das hat mich unglaublich erstaunt –, wirken überhaupt nicht verzweifelt... Alles sehr einfach, die Leute leben in sehr einfachen Verhältnissen. Sierra Leone gehört zu den zehn ärmsten Ländern der Welt.
Aber ich hatte das Gefühl, es sind sehr lebendige Menschen... Der Humor dieser Leute hat mir unglaublich gefallen – so ein kesser Humor. Die haben sich nicht die Butter vom Brot nehmen lassen, waren sehr schlagfertig.
Ich hatte ein Erlebnis, das mich schwer beeindruckt hat: Auf der Rückfahrt, am Flughafen, kam ein junger Mann, ich schätze, Anfang 20. Der hatte keine Hände mehr. Ich wusste, in diesem grausamen Bürgerkrieg haben die den Leuten oft die Hände abgehackt. Er hat Taschen verkauft. Ich hab ihm welche abgekauft und gefragt, ob er die Taschen selbst genäht hat. Er meinte, natürlich nähe ich diese Taschen selber und hat mir ein Armband geschenkt, das ich jetzt immer trage. Das gibt mir so ein bißchen die Hoffnung, dass es immer irgendwie weitergeht."

Die Welthungerhilfe engagiert sich schon seit Jahren dort. Was wird denn konkret getan?
„Wir haben verschiedenste Hilfsprojekte besucht. Als erstes waren wir auf einer Kakaoplantage. Nach dem Bürgerkrieg lagen die Plantagen alle brach. Die Welthungerhilfe ist in dieses Land gegangen, um den Menschen zu helfen, diese Plantagen wieder aufzubauen. Um ihnen beizubringen, wie ich noch effektiver anbauen kann, wie ich die Bäume besser beschneiden kann, wie ich die Pflanzen pflanze, dass sie sich untereinander Halt und Schutz geben.
Da wachsen die Pflanzen eben durcheinander: Papaya, Bananenstauden, Kakaopflanzen – das braucht man auch, weil man festgestellt hat, dass sie sich dann Schatten geben. Die Blätter bleiben als natürlicher Dünger liegen und auch, um das Wasser im Boden zu halten.
Die Welthungerhilfe zeigt den Leuten, wie sie die Qualität noch effektiver verbessern können, damit sie für den Kakao, den sie anbauen, mehr Geld pro Kilo verdienen.
Das andere Projekt lag mitten im Dschungel... Dort wird den Menschen gezeigt, wie man noch effektiver und nachhaltiger Landwirtschaft betreiben kann, wie man sich besser, vitaminreicher, proteinreicher und gesünder ernähren kann und wie man bessere Hygiene hält."

Was hat Sie besonders beeindruckt?
„Am allermeisten haben mich die Menschen beeindruckt, die nach so einer unendlich schweren Zeit nicht den Mut verloren haben, sondern immer weitergehen – und mit Humor weitergehen. Das fand ich total klasse.
Mich haben auch die Leute der Welthungerhilfe beeindruckt: Diese Mitarbeiter verzichten auf so unendlich viel, auf jeden Luxus, viel Privatleben, Freunde – weil sie merken, sie haben eine sinnvolle Arbeit, die auch wirklich etwas bewegt."

Ein großes Thema ist Mangelernährung. Was wird denn von der Welthungerhilfe dagegen getan?
„In dem Dorf haben sie eine Schneckenzucht aufgemacht. Die Schnecken waren etwa 20 cm groß... Da haben die Männer anfangs gesagt, „never, das essen wir nicht"...
Und das hat mir auch gut gefallen – es sind immer die Frauen, die es vorantreiben. Die sagen, „nein, das wird jetzt gekocht und Du, mein Mann, hilfst jetzt auch beim Kochen." Wir haben eine Frau interviewt, die hat erzählt: Früher haben die Männer immer dabeigestanden und haben zugeschaut. Jetzt müssen sie das Wasser holen und den Reis aussieben..."

Hilfe zur Selbsthilfe ist ja das Schlagwort. Wird das gut angenommen?
„Absolut. Es geht um Hilfe zur Selbsthilfe. Es hat keinen Sinn, wenn ich Geld in irgendwelche Projekte hineinpumpe, wieder verschwinde und die Leute können nichts damit anfangen. So können sie das Gelernte anwenden und weiter ausbauen – nur das ist nachhaltig und sinnvoll."

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„Es belastet einen, weil man denkt: Warum gibt es nicht mehr Gerechtigkeit in der Welt.
Dann aber die Projekte, die einen fröhlich stimmen, weil man sieht, wie eifrig die Menschen sind..."

Interview mit Schauspielerin Michaela May

In Madagaskar sind vergangene Woche bei einem schweren Wirbelsturm viele Menschen gestorben. Sie haben Madagaskar im November 2016 besucht. Was sind dort aus Ihrer Sicht die größten Probleme?
„Das Problem ist: Wenn man Madagaskar hört, denkt man an Urlaub. Wenn man dorthin kommt, sieht es erst auch schön aus. In den speziellen Gebieten merkt man dann, wie groß der Hunger ist, wie unterernährt die Kinder sind und ist erstaunt, weil Madagaskar eigentlich ein Land ist, das sich aus eigener Kraft ernähren könnte: Die haben Wasser, Wärme, Pflanzen – keine Wüste – und trotzdem sind die Menschen wirklich arm. Es gibt Dörfer ohne Elektrizität, ohne Essen, weil das Klima ihnen immer wieder alles kaputt macht: die Wirbelstürme, die extremen Regenfälle, dann wieder Dürre, so dass alles vertrocknet... Dann kommen Heuschreckenplagen, die alles zusammenfressen..."

Wie würden Sie die Situation der Menschen in Madagaskar beschreiben?
„Man spürt es, wenn man in diese Dörfer kommt, die keinerlei Strom haben, die Menschen, die sich sehr einseitig ernähren müssen, nur von Mais oder nur von Reis. Man sieht die Mütter mit den Kindern, mit den Blähbäuchen. Du siehst es auf der Straße."

Was tut die Welthungerhilfe, um Hunger und Armut der Menschen dort zu lindern? Geld alleine ist es ja nicht.
„Die Welthungerhilfe gibt Hilfe zur Selbsthilfe. Die bilden die Einheimischen in den Regionen aus – Helfer, die die Sprache und den Dialekt können, die aus den Dörfern sind und ihre eigenen Leuten dann schulen. So dass es, wenn die Welthungerhilfe ihr Projekt beendet hat, an den Leuten selbst liegt, ihr Projekt weiterzuführen.
Die Projekte, die ich gesehen habe, da waren die schon ziemlich autark. Da haben die Gärtnerinnen schon selbst die Setzlinge gesetzt. Das waren alles Mütter von vielen Kindern. Die Kinder helfen mit. Da wird der Acker bepflanzt, mit Gemüse und man versucht eine ausgewogene Ernährung, damit nicht mehr so viele Kinder sterben müssen. Im Süden und Südwesten Madagaskars – das muss man sich mal vorstellen – sterben jährlich immer noch 55.000 Kinder an Mangel- und Unterernährung. Das muss sich verändern. Und das kann sich in diesem Land verändern: Ich habe ein Projekt mit Hühnern gesehen. Eine ältere Frau, die immer wieder Hühner gehabt hat, aber die Tiere (Raubvögel) haben immer wieder die Hühner weggefressen. Da hat die Welthungerhilfe gesagt, wenn sie einen schönen Stall baut, bekommt sie neun Hühner und einen Hahn als Startkapital. Innerhalb eines Jahres hat sie jetzt 52 Hühner und kann von den Eiern und dem Verkauf der Tiere leben. Die hat einen wunderschönen Stall gebaut, mit Hilfe der Ortsansässigen. Davon können jetzt mehrere leben. Die Frau war ganz stolz."

Wie gehen Sie mit solchen Besuchen um? Sind sie belastend oder verlassen Sie ein Land wie Madagaskar mit einem positiven Gefühl?
„Beides. Man kommt hin und kann erst einmal nicht begreifen, dass es immer noch solchen Hunger gibt auf der Welt. Es belastet einen, weil man denkt: Warum gibt es nicht mehr Gerechtigkeit in der Welt.
Auf der anderen Seite dann aber die Projekte, die einen fröhlich stimmen, weil man sieht, wie eifrig die Menschen sind, wie sie Spaß haben, weil sie etwas ernten können und dass es plötzlich funktioniert – dass die Reisfelder in dem Treppenanbau halten und nicht mehr weggeschwemmt werden, weil Bäume gepflanzt wurden, die die Erde zusammenhalten.
Ich habe diese strahlenden, stolzen Gesichter der Frauen gesehen, die mir gezeigt haben, was sie tun. Und auch, dass sie eine Fertigkeit besitzen, die sie so nicht hätten lernen können...
Insofern bin ich hoffnungsvoll wieder gefahren, weil ich denke, die Arbeit der Welthungerhilfe ist wirklich unglaublich ertragreich und sinnvoll."

Sie engagieren sich schon seit vielen Jahren für die Welthungerhilfe – warum ausgerechnet für diese Organisation?
„Ich finde, dass die Welthungerhilfe eine sehr sinnvolle Organisation ist. Sie gibt Hilfe zur Selbsthilfe – wirklich nachhaltig und hinterlässt etwas, was die Menschen weiterbringt und den Hunger vertreibt."


Foto: Freetown / Sierra Leone im Januar 2017, @Welthungerhilfe