Rund 270.000 Menschen in Deutschland erleiden jedes Jahr einen Schlaganfall. Bei etwa jedem dritten Betroffenen sind nach den Gefäßverschlüssen oder Gehirnblutungen das Sprechvermögen und das Sprachverständnis gestört – sie leiden an Aphasie. Diese stellt Betroffene und Angehörige vor eine Extremsituation und schränkt deren Alltag massiv ein. „Sprachlos sein bedeutet hilflos sein. Aphasie raubt die Fähigkeit zur Kommunikation, bringt Denken und Handeln durcheinander und ist eine schwere seelische Belastung. Etwa jeder fünfte Aphasiker hat mehr als ein Jahr nach dem Schlaganfall noch immer Probleme, fließend zu sprechen oder Sätze zu verstehen. Viele ziehen sich aus dem sozialen Leben zurück“, weiß Professor Dr. med. Simon Jacob, Experte für Translationale Neurotechnologie an unserem Universitätsklinikum der TU München.
Mit seinem Team möchte er Betroffenen zu mehr Teilhabe am normalen Leben, mehr Selbstvertrauen und mehr Lebensfreude verhelfen – durch eine Kombination aus einem High tech-Neuroimplantat, intensivem Sprachtraining über 12 bis 24 Monate sowie modernsten Feedback-Verfahren für die Übung und Verbesserung der Sprachfunktionen.
Prof. Jacob: „Sprache ist erholungsfähig – selbst, wenn die Aphasie schon seit vielen Jahren besteht. In unserer neuen Studie erforschen wir, wie die Nervenzellen und ihre Netzwerke im Gehirn Sprache hervorbringen. Mit modernsten neurotechnologischen und neuromedizinischen Verfahren möchten wir eine neuartige Hirn-Computer-Schnittstelle entwickeln. Diese soll Aphasikern ermöglichen, ihre Sprachverarbeitungsprozesse wieder zu aktivieren und wieder flüssig verbal zu kommunizieren“, erklärt der Spezialist für die neurophysiologischen Mechanismen komplexer Hirnfunktionen. Unser Universitätsklinikum verfügt über langjährige Expertise auf dem Gebiet der Neurowissenschaften und klinische Erfahrung mit Neuroimplantaten.
Ein spezielles Neuroimplantat, welches die elektrische Aktivität direkt in der Hirnrinde messen kann, ist das Besondere an der Studie. Dieses Implantat ist kleiner als ein Fingernagel und wird in unserer Klinik für Neurochirurgie in einer kurzen Operation in Vollnarkose eingesetzt. Unsere Experten verwenden dieses Modell bereits seit einigen Jahren. Von außen ist es nicht sichtbar. Nach der Implantation führen wir die Studie ambulant durch. Die Teilnehmer kommen jede Woche für jeweils einige Stunden in das neurophysiologische Labor des Klinikums rechts der Isar. Bei Sprachübungen messen wir die Aktivität einer Vielzahl von Nervenzellen. Diese Signale lassen sich direkt verwenden, um die Teilnehmer zum Beispiel beim Sprechen zu unterstützen. Nach der Studie entfernen wir das Implantat wieder in einer kleinen Operation.
Wer kann an der wegweisenden Studie teilnehmen – wie lauten die Anforderungen?
- Broca-Aphasie (motorische Aphasie mit stockender Sprachproduktion und vielen Sprechpausen, Sprache kann an den Stil von Telegrammen erinnern)
- Schlaganfall in der linken Gehirnhälfte vor mehr als einem Jahr
- Wohnhaft in oder in der Nähe von München
- Offenheit für moderne Technologien
- Großes zeitliches Engagement, auch des familiären Umfelds
- Deutsch als Muttersprache
Vorteile für Studienteilnehmer:
✔ Mitarbeit an der Entwicklung einer neuartigen Hirn-Computer-Schnittstelle für Aphasie-Patienten
✔ Intensives Sprachtraining mit professionellem Team über 12 bis 24 Monate
✔ Moderne Feedback-Verfahren für Übung und Verbesserung der Sprachfunktionen
Weitere Informationen finden Sie hier:
https://www.neurokopfzentrum.med.tum.de/neurochirurgie/aphasie-studie/
Sind Sie Broca-Aphasiker und möchten von der neuesten medizinischen Forschung profitieren – oder kennen Sie passende Betroffene? Wenn ja, melden Sie sich gerne bei:
- Forschungsleiter Prof. Dr. med. Simon Jacob
- von der Klinik für Neurochirurgie am Klinikum rechts der Isar
- Email: aphasie-studie@mri.tum.de
Bildnachweis: Stockillustrations-Nummer: 340384811 / Tatiana Shepeleva